Jährlich veröffentlicht die Elektrizitätskommission (Elcom) eine Schweizer Karte mit den Stromtarifen in der Schweiz. Die Medien weisen jeweils auf die grossen Unterschiede bei den Endkunden hin und brandmarken Verteilnetzbetreiber mit höheren Stromtarifen, darunter auch die BKW, als Profiteure. Doch eine Bereicherung aufgrund höherer Tarife trifft nachweislich nicht zu. Die strikte gesetzliche Regulierung verhindert dies. Wie könnte die unfaire falsche Wahrnehmung beseitigt werden?
Endkunden: Regulierte Netz- und Energiekosten
Dafür lohnt sich ein Blick auf die verschiedenen Komponenten des Stromtarifs: Für einen Privathaushalt (Jahresverbrauch von 4'500 Kilowattstunden) sieht die Zusammensetzung 2021 im BKW Versorgungsgebiet wie folgt aus: 46% Netzkosten, 38% Energiekosten sowie 16% Abgaben, welche den Gemeinden sowie der Förderung der neuen erneuerbaren Energien zugutekommen.
Netztarife werden aufgrund der anfallenden Kosten der Betreiber berechnet und von der ElCom kontrolliert. Der Netzbetreiber darf etwas verdienen, aber nur auf das investierte Kapital – diese Rendite ist für alle Netzbetreiber schweizweit gleich hoch. Höhere Tarife führen somit nicht zu höheren Gewinnen für den Netzbetreiber. Die Kosten für Netze in ländlichen Regionen mit wenigen Anschlüssen sind pro Kopf, respektive pro Anschluss tatsächlich höher. So auch im Versorgungsgebiet der BKW, woraus die BKW aber keinen Gewinn erzielt.
Ausgleichmechanismus: Schweizweite «Solidarität»
Innerhalb eines Netzgebietes sind alle Bezügerinnen und Bezüger gemäss Gesetz zu einer «Solidarität» untereinander verpflichtet, sprich: alle müssen den gleich hohen Netztarif bezahlen. Dies kann dazu führen, dass Strombezüger, die nur wenige hundert Meter voneinander entfernt, aber in einem anderen Netzgebiet wohnen, sehr unterschiedliche Netzentgelte bezahlen. Städte und Ballungsgebiete sind bezüglich der Netztarife automatisch im Vorteil gegenüber einem ländlichen, weit verzweigten und im Unterhalt teuren Netzgebiet, wie es die BKW betreibt.
Wenn die Politik wollte, könnte sie geeignete Massnahmen zu einer Tarifharmonisierung auf der Verteilnetzebene ergreifen: Diese Möglichkeit steht den Kantonen bereits heute per Gesetz offen. Wenn dies nicht ausreicht, kann der Bundesrat weitergehende Massnahmen zu einer schweizweiten Angleichung treffen. Das Prinzip einer schweizweiten «Solidarität» kommt bei der höchsten Stromnetzebene, dem von Swissgrid betriebenen Übertragungsnetz, bereits heute zum Tragen und regionale Unterschiede werden hier ausgeglichen.
Photovoltaik-Ausbau: Netztarif-Steigerung erwartet
Geht es nach den Vorschlägen des Bundesrats, ist mit dem Fokus auf erneuerbare Energie künftig vor allem ein schweizweiter Photovoltaik (PV) Ausbau zu erwarten. Die in der Folge stärker dezentral produzierte und fluktuierende Energie macht ein umfassenden Netzausbau erforderlich. Der PV-Ausbau dürfte gerade in den ländlichen Regionen mit vielen Einfamilienhäusern und grösseren Dachflächen stark zum Tragen kommen und sehr hohe Kosten nach sich ziehen.
Zumal der erforderliche Netzausbau wohl einseitig in den ländlichen Regionen stattfinden wird, dürften hier die Netztarife im Vergleich zu den Ballungsräumen weiter ansteigen. Hier setzt sich die BKW dafür ein, dass dieser Ausbau möglichst effizient gestaltet wird und die anfallenden Kosten mit einer geschickten Regulierung (z.B. Peak-Shaving, Erhöhung der Leistungskomponente) möglichst tief gehalten werden. Die Politik hat die Chance, Tarifunterschiede zu verkleinern – die BKW bietet dazu Hand.
Energietarife: Stark regulierte Grundversorgung
Bei den Energiekosten in der Grundversorgung fällt die BKW im Elcom-Vergleich ebenfalls durch relativ hohe Tarife auf. Grund ist hier die fehlende Marktliberalisierung: Privathaushalte beziehen ihren Strom nicht wie Grosskunden am freien Strommarkt, sondern befinden sich in der sogenannten Grundversorgung. Für die BKW heisst dies: Sie liefert den Strom aus ihren eigenen Kraftwerken zu Gestehungskosten. Bei hohen Strompreisen ist dies zum Vorteil des Kunden, bei tiefen zum Nachteil.
Dagegen verfügen die meisten Energieversorger in der Schweiz über keine oder wenig eigene Stromproduktion – 70% der Netzbetreiber haben überhaupt keine eigene Produktion. Sie beschaffen ihren Strom folglich am Markt und verrechnen ihren Kunden für die Energie die entsprechenden Beschaffungskosten – also den aktuell relativ tiefen Marktpreis. Diese Kunden sind somit de facto bereits im Markt, obwohl sie zur Grundversorgung gezählt werden.
Strommarktöffnung: Chance für Privatkunden
Weil die Preise an den (internationalen) Strombörsen schon seit einigen Jahren tief sind, weisen Energieversorger ohne eigene Produktionskapazitäten vergleichsweise tiefe Energietarife auf. Demgegenüber weisen Unternehmen mit eigenen Kraftwerken wie die BKW relativ hohe Energietarife auf, da vor allem die Gestehungskosten der inländischen Wasserkraft aktuell zum Teil deutlich über den Marktpreisen liegen. Dies war auch schon anders und die BKW-Kunden profitierten von den gegenüber dem Marktpreis tieferen Gestehungskosten.
Die Politik hat es auch hier in der Hand, die aufgrund der fehlenden vollständigen Marktöffnung bestehenden Preisunterschiede zu verkleinern, indem sie diese einführt. Tatsächlich sieht der Bundesrat im Entwurf zum neuen «Bundesgesetz für eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien» eine solche vollständige Marktöffnung vor. Die BKW unterstützt diese und hat sich im Rahmen der Vernehmlassung auch explizit für eine vollständige Marktöffnung ausgesprochen.
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