Der Himmel ist wolkenverhangen. Laut Wetterprognosen setzt im Verlauf des Tages noch Regen ein. Kein perfekter Tag, um über Sonnenenergie zu berichten? Eben doch. Denn wenn ein Unternehmen wie die Frutiger Gruppe in Uetendorf bei Thun eine riesige Photovoltaikanlage installieren lässt, soll der Strom auch bei schlechtem Wetter fliessen.
Wir befinden uns auf dem Frutiger-Werkhof. Das international tätige Bauunternehmen ist schweizweit bekannt. Ob beim Kernkraftwerk Mühleberg, beim Drehrestaurant Piz Gloria auf dem Schilthorn oder bei der Landepiste des Flughafens Kloten: An all diesen Orten – und noch vielen mehr – war die Frutiger Gruppe am Bau beteiligt. Für einmal hat das Unternehmen aber bei einem Bau externe Profis von der Solstis (ehemals ISP Energy Center) ins Boot geholt. Der Auftrag an die Solarexperten, die zur BKW Building Solutions gehören: der Bau einer Solaranlage im XXL-Format auf fünf verschiedenen Dächern.
Ambitioniertes Ziel
Der Werkhofchef Christophe Weder nimmt uns mit auf einen Rundgang. Erste Station: das Bürogebäude. Warum liess die Frutiger Gruppe gleich alle fünf Dächer mit Solaranlagen bestücken? «Das ist Teil unserer Nachhaltigkeitsstrategie», erklärt Weder. Frutiger habe sich ein ambitioniertes Ziel gesetzt: «Bis 2030 wollen wir die Hälfte unserer Fahrzeugflotte elektrifizieren.» Das gelte auch für die Nutzfahrzeuge und Baumaschinen, obwohl in diesem Bereich das Angebot noch nicht sehr gross sei. Da trifft es sich gut, dass auch die Ladestationen mit zum Portfolio der BKW gehören. «An Werktagen nutzen wir den Strom selbst. Den überschüssigen Strom werden wir ins Netz einspeisen. Wer der Abnehmer ist, ist noch offen.»
Christophe Weder führt uns quer über das weitläufige Areal des Werkhofs, einer von insgesamt drei bewirtschafteten Frutiger-Werkhöfen. 320 Leute arbeiten hier. Sie hegen und pflegen rund 900 Erdbewegungsgeräte, etwa 1000 Fahrzeuge, und Hunderte von Baucontainern. Zusätzlich stehen 30 Lastwagen und ein Drittel aller 140 Kräne hier. Nächste Station auf dem Rundgang: die grosse Werkhalle. Hier werden im Geräte-und Baumagazin unter anderem Bauabschrankungen und Verbrauchsmaterial gelagert, auch die Reparatur-und die Elektrowerkstatt befinden sich hier. Jedes Teilchen hat seinen Platz, alles ist sehr aufgeräumt. Der Werkhofchef erklärt, dass die Lärmschutzwände des Autobahnteilstücks im Berner Ostring von hier stammen.
Erst über eine Treppe, dann über eine einfache Leiter geht es durch ein Oberlicht auf das Dach der Werkhalle. «Hier werden wir noch eine faltbare Treppe installieren, wie man sie etwa von einem Estrich kennt», sagt Weder. Auf dem Dach warten bereits Jonas Zumsteg und Viktor Wagner. Der Projektleiter und der Bauleiter von Solstis haben in den letzten Monaten viel Zeit auf den fünf Dächern des Werkhofs verbracht.
Bei Sonne, Wind, Regen und sogar bei Schnee. Die Planung für die Anlage startete bereits im Frühling des letzten Jahres. «Als wir kurz vor Weihnachten auf dem grössten Dach die Unterkonstruktion angebracht hatten, setzte Schnee ein», erinnert sich Wagner. «Schliesslich hatten wir eine 20 Zentimeter dicke Schneedecke, die aber zum Glück bald wieder weg war.»
Von einfach bis herausfordernd
Die Dächer des Werkhofs haben eine Neigung zwischen 2 und 16 Grad – also vom Flachdach bis zum Schrägdach. Welches Dach am einfachsten für die Montage von PV-Modulen ist? Nein, nicht das Flachdach. Es sei viel einfacher, Schrägdächer zu bestücken, erklärt Jonas Zumsteg. Der Grund: «Beim Flachdach muss man künstlich mit einer Unterkonstruktion eine Neigung für die Module herstellen. Beim Schrägdach ist die Neigung schon natürlich gegeben.» Stichwort Unterkonstruktion: Weil das Dach der grossen Werkhalle fast flach ist, war eine solche auch für das Frutiger-Projekt notwendig. 2800 viereckige Betonblöcke à 21 Kilogramm mussten verlegt werden. Das macht ein Gesamtgewicht von fast 59 Tonnen – einiges zu schleppen. Dazu kamen die Solarmodule, die pro Stück ebenfalls 21 Kilogramm wiegen. Allein auf dem grössten Dach sind 1796 Module installiert. Gesamtgewicht: 37,7 Tonnen.
Verteilt auf alle Dächer sind es mehr als 4000 Module. Sobald diese angeschlossen sind, liefern sie insgesamt 1,8 Megawatt Energie. Übrigens: Einen Vorteil nennt Zumsteg beim Flachdach doch noch: «Hier können wir auch bei Regen gut arbeiten, das ist nicht zuletzt aus Sicherheitsgründen beim Schrägdach anspruchsvoller.»
Gute Zusammenarbeit
Rund ein Jahr dauerte das Projekt in Uetendorf – von der Planung bis zur Inbetriebnahme. «Speziell war sicher die Grösse der Anlage, verteilt auf mehrere Dächer», sagt Jonas Zumsteg. Und er ergänzt: «Von der Prüfung der Statik bis zur Bestätigung der Machbarkeit war jeder Schritt wichtig, um das Projekt auf ein solides Fundament zu stellen.» Die PV-Anlage in Uetendorf sei auch ein gutes Beispiel für die Kundenorientierung der BKW: «Wir haben jedes Dach gemeinsam mit dem Kunden begutachtet und eine Gesamtlösung für das Areal erarbeitet.»
Eine Herausforderung bei der Installation waren die engen Platzverhältnisse des Werkhofs. Besonders im Winter, wenn das Unternehmen seine Baumaschinen zurück auf das Areal holt. Gleichzeitig benötigen die über 4000 PV-Module inklusive Unterkonstruktion viel Platz. Die Lösung: «Wir haben die Module und die Unterkonstruktion gestaffelt angeliefert und uns eng mit dem Kunden abgestimmt», sagt Zumsteg. Er weiss, wie wichtig es für einen erfolgreichen Projektabschluss ist, sich flexibel an die Bedürfnisse des Kunden anzupassen. Zur Zusammenarbeit mit der Frutiger Gruppe finden Jonas Zumsteg und Viktor Wagner nur lobende Worte, auch wenn die Koordination mit den verschiedenen Partnern herausfordernd gewesen sei. Neben den Solstis-Leuten waren beim Bau auch weitere Montageleute und verschiedene Abteilungen der Frutiger Gruppe involviert – Dachdecker, Spengler, Stromer und im Vorfeld Statiker.
Strom auch bei wolkigem Wetter
Kaum ist die Montage der PV-Anlage im XXL-Format abgeschlossen, wittern Jonas Zumsteg und Viktor Wagner schon den nächsten Auftrag. «Ja, wir überlegen uns, eine neue, grosse Halle zu bauen», sagt Christophe Weder mit einem Augenzwinkern. «Komm gerne auf uns zu, wir montieren Solarmodule aufs Dach», sagen Zumsteg und Wagner. Dass sich die drei Männer gut verstehen, merkt man rasch. Sie scherzen, sie lachen zusammen – auch wenn das Wetter eher trüb ist.
Apropos Wolken und Regen. Wie wetterempfindlich sind die Module? Produzieren sie auch Strom, wenn es regnet? «Es ist vor allem die Bewölkung, die einen Einfluss auf die Produktion hat», erklärt Zumsteg. «Wenn die Sonne wieder scheint, trocknen die Module rasch und produzieren Strom.» Selbst bei leichtem Nieselregen – in der Fachsprache spricht man von diffuser Strahlung – liegt die Leistung noch bei rund 10 bis 20 Prozent. Gerade im Sommer kann es immer mal ein Gewitter mit Hagel geben. In diesem Fall ist die Anlage in der Hagelschutzklasse 3 geschützt. Was das heisst? Bei Stufe 1 redet man von erbsengrossen Hagelkörnern, bei Stufe 2 sind sie haselnussgross, bei Stufe 3 so gross wie eine Baumnuss und bei Stufe 4 wie ein Golfball. Die Anlage bei der Frutiger AG ist also für ziemlich heftige Unwetter gerüstet.
Langsam dunkelt es ein über Uetendorf. Es geht via Leiter runter vom Dach zurück ins Empfangsgebäude des Werkhofs. Kurz vor der Verabschiedung sagt Christophe Weder noch, dass er die Mitarbeitenden der BKW, insbesondere des Kernkraftwerks Mühleberg (KKM), grüssen möchte. Wie das? Erst jetzt erzählt er, dass er von 2005 bis 2018 im KKM gearbeitet hat. Zuerst als Leiter Sekundäranlagen, später als Leiter Demontage. Die Welt ist klein.
Solstis wird Photovoltaik-Anbieterin in der ganzen Schweiz
Die BKW erweitert mit der Solstis ihre Präsenz in der Deutschschweiz und verstärkt ihr Engagement im Photovoltaikbereich. Solstis gehört seit 2022 zu BKW Building Solutions. Die Pionierin und führende Firma im Bereich der Photovoltaikanlagen in der Westschweiz wird nun zur gesamtschweizerischen Anbieterin von PV-Lösungen. Hier gelangen Sie zur Medienmitteilung vom April 2024.