Der Ausbau der erneuerbaren Energien im Inland muss schneller vorankommen, will die Schweiz die Energiewende bis 2050 schaffen. Die BKW hat mehrere Projekte in der Pipeline und will ihre Verantwortung übernehmen. Letztes Wochenende eröffnete sie zusammen mit Energie Thun das Wasserkraftwerk Augand, das 35 Gigawattstunden erneuerbare Energie pro Jahr produziert. Das entspricht dem Strombedarf von rund 7'700 Vier-Personenhaushalten. Leider stecken jedoch viele der Projekte bereits seit Jahren – wenn nicht sogar Jahrzehnten – in langwierigen Verfahren.
Ein Schritt in die richtige Richtung
Der Bundesrat hat die Problematik erkannt und im vergangenen Juni die Botschaft für eine Beschleunigungsvorlage für erneuerbare Energien an das Parlament überwiesen. Damit sollen die Verfahren für die Planung und den Bau grosser Kraftwerke für erneuerbare Energien verkürzt werden. Dazu sieht der Bundesrat verschiedene Vorgaben für die Kantone und die Gerichte vor. Die BKW begrüsst die Vorlage im Grundsatz und sieht darin einen wichtigen Schritt, den Ausbau von Wasserkraft-, Photovoltaik- und Windenergieanlagen zu beschleunigen.
Windenergie könnte die Strommangellage lindern
Insbesondere Windenergieanlagen brauchen in der Schweiz von der Planung bis zum Bau sehr lange. Die BKW hat zwei Projekte im Berner Jura, welche bereits seit Jahren in Verfahren verwickelt sind. Wie wichtig die vom Bundesrat vorgeschlagenen Beschleunigungen sind, zeigt ein Blick auf den letzten Winter. Wären die vorgeschlagenen Gesetzesanpassungen bereits seit 2013 in Kraft, hätte die Schweiz gemäss SuisseEole heute bereits mindestens 120 Windenergieanlagen am Netz – gegenüber deren heutigen 41. Die zusätzlichen Anlagen würden 249 Megawatt (MW) Leistung haben und dadurch im Winterhalbjahr rund 330 Gigawattstunden (GWh) Strom aus Windenergie produzieren [1]. Denn ca. zwei Drittel der Windenergie wird im Winterhalbjahr produziert.
Zum Vergleich: Die Wasserkraftreserve, welche der Bund im letzten Winter für die Stromversorgungssicherheit eingeführt hat, betrug 400 GWh. Mit schnelleren Verfahren hätte folglich die Windkraft im letzten Winter einen entscheidenden Beitrag für die Versorgungssicherheit leisten können.
Ein beschleunigter Ausbau der Verteilnetze ist unabdingbar
Auch im Netzbereich gibt es teils langwierige Bewilligungs- und Einspracheverfahren, welche den raschen Netzausbau verzögern. Doch eine Beschleunigung des Ausbaus der Verteilnetze ist genauso wichtig wie der beschleunigte Ausbau von Produktionskapazitäten. Die lokale Produktion passt praktisch nie zum zeitgleichen lokalen Verbrauch. Deshalb braucht es ein deutlich leistungsfähigeres und stabiles Verteilnetz, um den zusätzlich produzierten Strom zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu transportieren. Dies zeigt sich exemplarisch in der aktuellen Debatte um den Ausbau von alpinen Solaranlagen. Die Politik hat zwar den Ausbau der Anlagen und deren Anschlussleitungen mit dem sogenannten Solarexpress beschleunigt, das Verteilnetz, respektive die dafür erforderlichen Netzverstärkungen, wurde jedoch nicht mitberücksichtigt.
Nun zeigt sich, dass das Potential von alpinen Solaranlagen stark eingeschränkt wird, weil das heute bedarfsgerecht ausgelegte Verteilnetz in diesem Gebiet innert sehr kurzer Frist stark ausgebaut werden müsste – und dafür hat die Politik keine Vereinfachungen oder Beschleunigungen vorgesehen.
Zukünftig werden sich ähnliche Herausforderungen in den Verteilnetzen nicht nur bei alpinen Solaranlagen, sondern auch bei «normalen» Solaranlagen, Ladestationen für die Elektromobilität und bei Wärmepumpen manifestieren. Deshalb gilt es umso mehr die Verteilnetze bei der neuen Vorlage zu berücksichtigen. Die BKW plädiert dafür, dass die Stromnetze – insbesondere die Verteilnetze – ebenfalls von Verfahrensbeschleunigungen profitieren. Zu diesem Zweck ist eine raschere, vereinfachte und prioritäre Bearbeitung von Genehmigungsverfahren im Verteilnetzbereich erforderlich. Somit sind auf Stufe Bund wie auch auf Stufe Kanton gesetzliche Anpassungen und nötigenfalls zusätzliche Personalressourcen in der Verwaltung notwendig. Eine weitere Möglichkeit wäre die Reduktion der plangenehmigungspflichtigen Vorhaben im Verteilnetzbereich.
Nur, wenn der Netzausbau auf allen Spannungs- bzw. Netzebenen und der Erzeugungsausbau ideal aufeinander abgestimmt werden, wird die Schweiz ihre ambitionierten Ziele im Bereich der sicheren Stromversorgung mit erneuerbaren Energien erreichen. Die Energiewende ist folglich möglich. Dafür notwendig ist aber auch die Beschleunigung der Bewilligungsverfahren der Verteilnetze.
Weitere Verbesserungen der Vorlage aus Sicht der BKW
Bearbeitungszeit bei Behörden:
- Regelungen für Produktionsanlagen sollten sinngemäss auch für die Verteilnetze gelten: Beispielsweise muss gemäss der Vorlage die (kantonale) Plangenehmigungsbehörde innerhalb von 180 Tagen nach Vorliegen der vollständigen Gesuchsunterlagen entscheiden. Diese Frist sollte auch im Elektrizitätsgesetz für Netzprojekte analog verankert werden.
- Die Prüfung auf Vollständigkeit sollte ohne allfällige Verzögerungen erfolgen. Sollten die Unterlagen nicht vollständig sein, kann die Nachforderung sogleich ausgelöst werden.
Entscheidungskompetenz beim Gesuchsteller:
- Nicht die Behörde, sondern der Gesuchersteller soll entscheiden, ob bei Solar- und Windenergieanlagen ein ordentliches Verfahren anstelle des kantonalen Plangenehmigungsverfahrens durchgeführt werden soll.
Abstimmung zwischen den verschiedenen Instanzen:
- Die kantonale Leitbehörde sollte das Plangenehmigungsverfahren auch mit den für bundesrechtlich notwendige Bewilligungen zuständigen Behörden koordinieren.
- Eine koordinierte Vorgehensweise bei Genehmigungsverfahren (für die Anlagen, deren Netzanschluss und die dafür erforderliche Netzverstärkung) würde die Verfahren beschleunigen und Doppelspurigkeit beseitigen.
[1] Quelle: Windenergie in der Schweiz in Zahlen (SuisseÉole)