Komplizierte und umständliche Verordnungen führen in der Praxis zu ineffizienten Abläufen und potenziell zu langwierigen Gerichtsverfahren. Deshalb ist es wichtig, eine einfache und effiziente Umsetzung anzustreben. Die Verordnungsbestimmungen sollten für alle Beteiligten die nötige Klarheit schaffen, ohne sich aber in unnötige Details zu verlieren. Damit dies gelingt, braucht es aus Sicht der BKW folgende Optimierungen:
Es braucht zwingend angemessene Übergangsfristen
Der Bundesrat plant, das Stromgesetz teils ohne Übergangsfristen einzuführen. Dies ist jedoch in der Praxis gar nicht umsetzbar. Insbesondere Änderungen in den Tarifen und IT-Systemen können frühestens per 1. Januar 2026 wirksam werden. Dies betrifft die Netztarife, neue Formen des dezentralen Energieaustauschs wie die lokalen Elektrizitätsgemeinschaften (LEG) aber auch Regelungen zu den Flexibilitäten, welche neue AGB und Verträge benötigen.
LEG wie vorgeschlagen umsetzen
Die Neueinführung von LEG soll den Ausbau von privaten Solaranlagen weiter fördern und die lokale Vermarktung der Produktion ermöglichen. Sie sollten deshalb so ausgestaltet werden, dass sie Anreize für neue Solaranlagen bieten. Gemäss unserem Verständnis entspricht es nicht dem Willen des Gesetzgebers, wenn nur bestehende Anlagen über den Abschlag auf Netzgebühren wirtschaftlicher werden. Die Förderung über LEG wird von allen Netznutzenden bezahlt und sollte deshalb nicht ausgeweitet werden.
→ Die vorgeschlagene Ausgestaltung der LEG ist angemessen und soll erhalten bleiben (Art. 19e StromVV).
→ Der Tarifabschlag (Art. 19h StromVV) soll nur auf die Arbeitskomponente des Netznutzungstarifs angewandt werden. Der Bedarf an Netzkapazität wird durch die LEG nicht gesenkt, deshalb sollte der Tarif auf die Leistung nicht gesenkt werden. Ausserdem wird die Abwicklung dadurch deutlich einfacher ausgestaltet.
Auf die Nutzung der Anschlussleitung im ZEV verzichten
Die Ausweitung virtueller ZEV (Zusammenschluss zum Energieverbrauch) auf die Nutzung der Anschlussleitung ist diskriminierend: Kundinnen und Kunden, deren Anschlussleitung über eine Muffe mit dem Stammkabel des Verteilnetzbetreibers (VNB) verbunden ist, können keine virtuelle ZEV bilden. Kundinnen und Kunden, deren Anschlussleitung in einer Verteilkabine gesteckt ist, haben diese Möglichkeit. Diese Diskriminierung rührt von der historischen Anschlusssituation und kann vermieden werden, indem der Bundesrat in der Verordnung die Nutzung der Anschlussleitung zur Bildung von ZEV nicht gestattet. Es bleiben dann immer noch drei einfache und klare Möglichkeiten, lokal erzeugte Elektrizität auszutauschen: Die ZEV nach aktuellem Modell (ein Anschlusspunkt gegenüber dem VNB), die virtuelle ZEV (ohne Nutzung der Anschlussleitung, jedoch mit einem virtuellen Messpunkt unter Nutzung der Smart Meter des VNB, z. B. in Mehrfamilienhäusern) und die LEG mit Nutzung des Netzes des Verteilnetzbetreibers.
→ Keine Einführung von virtuellen ZEV (Art. 14 EnV)
Solaranlagen besser ins Stromnetz integrieren
Das heutige Stromnetz ist nicht auf die steigende dezentrale Produktion ausgerichtet. Mit jeder neu angeschlossenen Solaranlage sinkt die Kapazität, noch mehr Anlagen aufzunehmen. Die unentgeltliche Abregelung der Einspeisung (Peak Shaving) von Solaranlagen ist einer der grössten Hebel, mehr Solaranlagen an das Verteilnetz anzuschliessen und die Netzausbaukosten zu senken. Damit die Regelung greift und von den Kundinnen und Kunden sowie den Netzbetreibern einfach, möglichst fehlerfrei und rasch umgesetzt wird, muss sie vereinfacht werden.
→ Fixe Abregelung auf 70 Prozent der installierten Leistung (Art. 19d StromVV)
→ Die Regelung soll nur für neue Solaranlagen gelten, welche über eine Leistung bis zu 1 MW verfügen (Art. 19d StromVV).
Vorgeschlagenen Mindestpreis für die Rückliefervergütung nicht erhöhen
Das Parlament hat entschieden, die Rückliefervergütung schweizweit zu harmonisieren sowie dank einer Mindestvergütung die Investitionssicherheit für kleine Anlagen zu verbessern. Die vorgeschlagene Höhe dieser Mindestvergütung ist aus unserer Sicht angemessen. Im Falle einer Erhöhung käme es in vielen Fällen zu einer Überförderung der Produktionsanlagen. Grundversorgte Kundinnen und Kunden, welche keine Solaranlage haben können, würden zusätzlich belastet. Ausserdem käme es bei kleinen und grossen Netzbetreibern systematisch zu relevanten Verlusten. Schliesslich: Für die Versorgungssicherheit sollten die Solaranlagen möglichst auf die Winterenergie ausgerichtet werden. Eine hohe Mindestvergütung im Sommer macht die marktlichen Anreize wieder zunichte.
→ Die vorgeschlagene Ausgestaltung der Rückliefervergütung ist angemessen und soll erhalten bleiben (Art. 12 EnV).
Faire Entschädigung der Wasserkraftreserve
Die Versorgungssicherheit im Winter ist für die Schweiz von zentraler Bedeutung. Damit diese erhöht wird, hat der Bundesrat seit dem Winter 2022/23 eine Wasserkraftreserve eingeführt. Die ElCom hat die Reserve jeweils vor dem Winter dimensioniert und ausgeschrieben. Mit dem Stromgesetz werden die Wasserkraftbetreiber neu zur Teilnahme an der Wasserkraftreserve verpflichtet. Dafür sollen diese fair entschädigt werden.
Die vorgeschlagene moderate Pauschalabgeltung entschädigt jedoch weder bei der Vorhalteverpflichtung der Energie noch bei der allfälligen Vorhalteverpflichtung für Leistung die entgangenen Erlöse der Kraftwerksbetreiber, was der Erläuterungsbericht zu den Verordnungen (S. 6 und 7) bestätigt. Die Verpflichtung verletzt somit zusätzlich zur in der Bundesverfassung verankerten Wirtschaftsfreiheit auch offensichtlich die Eigentumsgarantie und entspricht potenziell einer Enteignung. Zudem greift die Verpflichtung in den Markt ein, indem sie Energie zurückhält, die erst im Fall eines Marktversagens genutzt werden kann.
Die Vorhaltemenge beeinflusst somit auch das Risiko eines Marktversagens. Vor diesem Hintergrund sollten der Entscheidungskompetenz der ElCom mindestens in der Verordnung gewisse Grenzen gesetzt oder qualitative Anforderungen vorgegeben werden.
→ Vergütung entgangener Erlöse für die Vorhaltung der Wasserkraftreserve (Art. 5a WResV)
Schrittweise Einführung von Effizienzsteigerungen durch Elektrizitätslieferanten
Das Parlament hat als neue Vorgabe eine Effizienzverpflichtung für Elektrizitätslieferanten eingeführt. Diese sind nun verpflichtet, einen gewissen Prozentsatz ihres verkauften Stroms mit gezielten Massnahmen einzusparen. Es wäre sinnvoll, möglichst alle Elektrizitätslieferanten in die neue Verpflichtung der Effizienzsteigerungen einzubeziehen. Dafür müsste aber die Eintrittsschwelle deutlich gesenkt werden. Weiter gilt es, einen Markt für Effizienzzertifikate ohne übermässigen Zeitdruck aufzubauen und den Abwicklungsaufwand zu verringern.
→ Senkung der Eintrittshürde für die Teilnahme an Effizienzmassnahmen auf alle Elektrizitätslieferanten mit mehr als 500 MWh Absatz (Art. 51a EnV)
→ Die Effizienzsteigerungen sollten auf den 1.1.2026 eingeführt werden (Art. 80b EnV) und zu Beginn 1 Prozent des Referenzstromabsatzes umfassen (Art. 51a EnV).
→ Einführung eines zentralen Registers (Art. 51f EnV)
Das Gesetz kann seine Wirkung entfalten
Die Energiewende ist in vollem Gang. Das Parlament hat ein ambitioniertes Gesetz verabschiedet, mit dem die Transformation weiter an Dynamik gewinnen wird. Diese darf nicht aufgehalten werden. Die BKW ist überzeugt, dass das Stromgesetz seine Wirkung entfalten wird – dafür müssen die Verordnungen aber noch verbessert und vereinfacht werden.
Ebenfalls sind die beiden Beschleunigungserlasse für erneuerbare Produktionsanlagen sowie für das Stromnetz, welche bereits im politischen Prozess sind, möglichst schnell umzusetzen. Bei der Beschleunigung des Stromnetzausbaus muss insbesondere das Verteilnetz stärker miteinbezogen werden. Denn dort findet die Energiewende statt.