Seit Baubeginn vor 11 Monaten nimmt das Wasserkraftwerk Augand immer mehr Form an. Wo stehen Sie mit den Arbeiten?
Patrik Eichenberger: Die Arbeiten für die drei Bereiche Wehr/Wasserfassung, Oberwasser-Zuleitungsstollen und die Zentrale sind in vollem Gange. Einen wesentlichen Meilenstein haben wir im letzten September mit dem Bau des Dükers unter der BLS-Bahnlinie Spiez–Frutigen termingerecht erreicht. Das ist eine Art Unterführung für die Wasserzuleitung zum Kraftwerk. Beim Wehr/Wasserfassung sind diesen Winter insbesondere die Arbeiten am rechten Ufer der Kander auf dem Gemeindegebiet von Aeschi b. Spiez weit fortgeschritten. Auf dieser Seite entstehen unter anderem der Grundablass, die Wasserentnahme und der Fischpass. Am linken Ufer der Kander wurde bereits mit der Erschliessung für die Arbeiten ab diesem Frühsommer begonnen.
Auch die Arbeiten für den Stollen sind im vollen Gange. Wie kommen Sie voran?
Der Stollen für die Oberwasser-Zuleitung wird seit letztem November von beiden Stollenportalen ausgebrochen. Bis letzte Woche betrug der Fortschritt bereits rund 24 Prozent des 1’376 Meter langen Stollens. Auch der Rohbau der neuen Kraftwerkszentrale ist bereits weit fortgeschritten. Hier konnten in der ersten Februarhälfte die ersten Teile der beiden baugleichen Turbinen montiert werden. Die beiden Einlauf- und Saugrohre aus Stahl werden zurzeit schichtweise einbetoniert.
Bald kommt das Schmelzwasser aus den Bergen. Welche Arbeiten müssen Sie davor beendet haben?
Sobald der Rohbau von Wehr/Wasserfassung diesen Sommer am rechten Ufer der Kander abgeschlossen ist, soll das Wasser der Kander durch den künftigen Grundablass geleitet werden. Voraussetzung dafür ist die Sicherung der Sohle unterhalb des Grundablasses mit grossen Blöcken. Diese verhindern, dass auch bei hohen Abflüssen die Sohle nicht absinkt oder sogar weggespült wird. Diese Blöcke konnten wir diesen Winter dank den lang anhaltenden tiefen Temperaturen noch vor der anstehenden Schneeschmelze in der Kander einbauen.
Für das Kraftwerk wird ein Teil des Wassers der Kander wie erwähnt in einen Stollen abgezweigt. Dieser führt auch über zwei Bahntunnels. Welche Herausforderungen bringt das mit sich?
Von den beiden Bahntunnels ist nur der neue Hondrichtunnel südlich von Spiez in Betrieb. Die grösste Herausforderung ist, dass die Überquerung dieses Tunnels den Bahnbetrieb nicht beeinträchtigt. Die statischen Berechnungen und die Modellierungen durch die Fachspezialisten sowie die bisher angetroffene Geologie prognostizieren, dass diese Überquerungen problemlos funktionieren. Trotzdem werden die beiden Bahntunnels mittels automatisierten Messungen ständig überwacht und die Situation anhand der angetroffenen Geologie immer wieder neu beurteilt.
Im Zuge des Kraftwerksbaus wird ein Teil des betroffenen Flussbereichs ökologisch aufgewertet. Was ist hier geplant?
Wir beteiligen uns an den Kosten für die gemäss Gewässerrichtplan Kander 2050 vorgeschlagene Flussaufweitung im Bereich Sack, unmittelbar unterhalb des neuen Wehrs. Auf einer Länge von rund 450 Metern soll der Kander am rechten Ufer möglichst viel Gewässerraum zurückgegeben werden. Dieser ging mit dem Bau der Bahnlinie Spiez-Frutigen verloren. Die Massnahme umfasst im Wesentlichen den Ersatz der Ufermauern durch rückversetzte ökologisch wertvollere Buhnen, also quer zum Fluss liegende Dämme. Diese sichern die Bahngleise und ermöglichen neue Lebensräume für geschützte Tierarten für die Zeit, bis sich die Kander die ganze Breite wieder zurückerobert hat. Als weitere Massnahmen werten wir den Hondrichweiher auf und stellen sicher, dass kleine Fische wie Groppen über die Hochwassersperre oberhalb des Wehrs kommen. Zudem ergreifen wir weitere kleinere Ersatzmassnahmen für geschützt Arten wie die beispielsweise die Orchideen.
Zahlen und Fakten zum Kraftwerk Augand
- Wassermenge: 30’000 l/s
- Gefälle: 32 m
- Maschinen: 2 Rohr-S Kaplan-Turbinen
- Installierte Leistung: 2 x 3.7 MW
- Jahresproduktion: 35 GWh
- Inbetriebnahme: Sommer 2023
- Baukosten: > 60 Mio. CHF
- Strom für rund 7’700 Haushalte