Mit der Gletscherschmelze ist auch der Triftgletscher im Berner Oberland geschrumpft und hat ein Geländebecken freigelegt, das von einem Felsriegel mit einer engen Schlucht abgeschlossen wird. Diese Topografie eignet sich besonders gut für einen Stausee. Dabei kann genau dann Wasser turbiert und somit Strom produziert werden, wenn die Nachfrage sehr gross ist – also insbesondere in den Wintermonaten.
Bereits heute nutzt die KWO (Kraftwerke Oberhasli AG, an welcher die BKW mit 50 Prozent beteiligt ist) das Laufwasser zur Stromproduktion, das an der Trift anfällt. Mit einem Speichersee unterhalb des Triftgletscher könnte sie 85 Millionen Kubikmeter Wasser zurückhalten. Dies entspricht einem Energiegehalt von 215 Gigawattstunden. Pro Jahr könnten so 145 Gigawattstunden zusätzlichen Strom produziert werden.
Sinnvolle Schutz- und Ausgleichsmassnahmen dort, wo sie den grössten Effekt haben
Mit dem Projekt Speichersee und Kraftwerk Trift will die KWO nicht nur ein neues Wasserkraftwerk bauen, sondern auch verschiedene Schutz- und Ausgleichsmassnahmen in Angriff nehmen. So können Flora und Fauna trotz Eingriff in die Natur geschützt werden. In Zusammenarbeit mit WWF, Pro Natura, dem bernischen Fischereiverband und der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz hat die KWO zahlreiche Massnahmen definiert.
Ein Grossteil der Massnahmen ist unterhalb der Triftstaumauer im Tal angedacht, weil sie dort mehr Gewicht haben und ökologisch wertvoller sind. Eine der wichtigsten Ersatzmassnahmen ist die Revitalisierung des Gadmerwassers. Dabei soll eine Pumpfassung aus den 1960er Jahren, bestehend aus Wehr und Wasserbecken, vollständig zurückgebaut werden. Folgende weitere Schutz- und Ausgleichsmassnahmen hat die KWO im Konzessionsgesuch für die Trift geplant (Auswahl):
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Verschiedene Bergbäche werden nicht genutzt oder in den Stausee umgeleitet, obwohl dies technisch und ökologisch möglich wäre. Diese Massnahmen haben einen positiven Effekt auf die Restwassermenge und somit auf die Biodiversität der Region.
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Für schützenswerte Arten werden passende Ersatzstandorte gesucht und die spezifischen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsiedelung geschaffen.
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Die KWO hat sich dazu verpflichtet, Trockenstandorte, Schmetterlings- und Reptilienstandorte zu erhalten und zu fördern, neue Feuchtgebiete für Amphibien und Libellen zu schaffen und bestehende Schutzgebiete aufzuwerten.
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Als weitere Schutz- und Ausgleichsmassnahme schafft die KWO ein Waldreservat in der Trift. Damit können verschiedene Tier- und Pflanzenarten gefördert werden.
Die Revitalisierungsmassnahmen kommen vor allem Flora und Fauna zugute. So können die Fische künftig über eine Strecke von zwei Kilometern wieder frei das Gewässer hinauf schwimmen. Die KWO nimmt dabei Mehrinvestitionen sowie Stromproduktionsverluste in Kauf.
Harte aber erfolgreiche Verhandlungen mit den Naturschutzverbänden führten zum Erfolg
Die im Konzessionsgesuch geplanten Schutz- und Ausgleichsmassnahmen für das Triftgebiet sind das Ergebnis von intensiven Verhandlungen. Der Partizipationsprozess erstreckte sich über fünf Jahren mit mehreren Dutzend Sitzungen. An den Verhandlungen teilgenommen haben dabei unter anderem das kantonale Amt für Wasser und Abfall AWA, Behördenverteter:innen, Mitglieder des Grossen Rats des Kantons Bern und den Einwohnergemeinden Innertkirchen und Guttannen sowie WWF, Pro Natura, der Bernisch Kantonale Fischereiverband und der SAC.
Dabei wurden die strittigen Punkte diskutiert und Kompromisse gefunden, welche ins Konzessionsgesuch einflossen. So konnte die KWO 2017 ein Konzessionsgesuch einreichen, hinter dem auch die am Partizipationsprozess beteiligten Umweltschutzverbände stehen können (siehe Medienmitteilung WWF, Pro Natura, Fischereiverband). Die Gewässerschutzorganisation Aqua Viva und der Grimselverein waren zur Teilnahme eingeladen, entschieden sich jedoch dagegen.
Die Umweltschutzverbände können das Verhandlungsergebnis durchaus als Erfolg verbuchen – wären doch die gesetzlich vorgeschriebene Schutz- und Ausgleichsmassnahmen wesentlich geringer gewesen. Die KWO wählte aber bewusst den frühen Einbezug der Umweltschutzverbände, um ein Konzessionsgesuch vorlegen zu können, das einerseits den Eingriffen in die Natur mit angemessenen Kompensationsmassnahmen begegnet. Andererseits hoffte sie so auf ein kurzes juristisches Verfahren. Doch die Realität zeigt, dass auch bei einem Projekt mit der Unterstützung der grossen Umweltschutzverbände ein langjähriges Bewilligungsverfahren aufgrund Einsprachen nicht vermeidbar ist.