Die Versorgungssicherheit besteht immer aus zwei Aspekten:
- Die Energieversorgung bedeutet, dass die Stromproduktion (und der Import) die Energienachfrage decken kann.
- Die Netzstabilität bedeutet, dass der Strom sicher von den Produktions- an die Verbrauchsstätten transportiert werden kann.
Die Versorgungssicherheit ist nur garantiert, wenn genug Strom produziert wird und die Netze stabil sind.
Bei einer ungenügenden Energieversorgung gilt es zudem, zwischen einem strukturellen Energiedefizit und einer Strommangellage zu unterscheiden. Ersteres bedeutet, dass die Produktion im Inland zusammen mit den Importmöglichkeiten grundsätzlich nicht ausreichen, um die inländische Nachfrage zu decken. Eine Strommangellage ist eine zeitlich befristete aussergewöhnliche Situation, in der zu wenig Strom im System vorhanden ist, um die Nachfrage zu decken. Die Ursache ist oft ein unvorhersehbarer Ausfall von Produktionsanlagen (z.B. Kernkraftwerken), eine sogenannte Dunkelflaute, in der über längere Zeit zu wenig Wind und Sonnenenergie produziert werden kann, oder fehlende Importmöglichkeiten.
In der Schweiz soll der Strommarkt eine sichere Stromversorgung gewährleisten und nach wettbewerblichen Kriterien organisiert sein. So steht es in Art. 1 Abs. 1 des Stromversorgungsgesetzes (StromVG). Die diesbezüglichen Zuständigkeiten sind in Art. 6 Abs. 2 des Energiegesetzes (EnG) beschrieben: Die Energieversorgung «ist Sache der Energiewirtschaft. Bund und Kantone sorgen für die Rahmenbedingungen, die erforderlich sind, damit die Energiewirtschaft diese Aufgabe im Gesamtinteresse optimal erfüllen kann». Diese Bestimmung ist programmatisch zu verstehen: «Energiewirtschaft» erfasst die Strombranche als Gesamtheit – eine Verantwortung eines einzelnen Unternehmens für die langfristige Versorgungssicherheit lässt sich daraus nicht ableiten.
Der Verzicht auf eine Regulierung der Produktion zeigt, dass diese im Wettbewerb steht und somit der Markt genügend Anreize zu Investitionen in Kraftwerksanlagen liefern muss. Fehlen diese, ist es Aufgabe der öffentlichen Hand, marktorientierte Instrumente zu schaffen, die genügend Investitionsanreize bieten (Art. 9 StromVG und Art. 6 Abs. 2 EnG). Hierzu zählen beispielsweise befristete Förder- und Unterstützungsmassnahmen wie Einspeisevergütung, Marktprämie für die Grosswasserkraft oder Investitionsbeiträge für Grosswasserkraftanlagen. Diese sind eine Abgeltung von spezifischen Versorgungsleistungen und nicht eine Subvention der Energiewirtschaft. Umgekehrt besteht für Unternehmen auch keine Verpflichtung, in Produktionskapazitäten zu investieren, wenn sie keinen Gewinn erzielen.
Beim Auftritt einer kurzfristigen schweren Strommangellage kann der Bund im Rahmen der wirtschaftlichen Landesversorgung zeitlich begrenzte Bewirtschaftungsmassnahmen anordnen. Dafür verantwortlich ist die Bundesorganisation OSTRAL, die Organisation für Stromversorgung in Ausserordentlichen Lagen. Sie regelt in einem solchen Fall, welche Kraftwerksanlagen welche Gebiete der Schweiz versorgen und welche Verbraucher ihren Strombezug gegebenenfalls ganz oder teilweise einstellen müssen.
Die BKW hat das Problem der Versorgungssicherheit seit längerer Zeit adressiert. Für die Lösung dieses Problems schlägt sie marktorientierte Instrumente vor, insbesondere einen sogenannten Kapazitätsmarkt, in dem der Bund die für die Stromversorgung notwendigen Kapazitäten in einer Auktion ausschreibt. Diesen Vorschlag hat die BKW bereits 2016 in einem Blogbeitrag beschreiben. 2019 hat sich die BKW dazu auch im Rahmen der Vernehmlassung zum Stromversorgungsgesetz geäussert. Diese separaten Ausschreibungen für neue (Winter-) Stromproduktionskapazitäten müssen technologieneutral erfolgen.
Zur Vorbeugung von kurzfristigen Strommangellagen und zur Verhinderung eines OSTRAL-Eingriffs unterstützt die BKW die vom Bundesrat vorgeschlagene Energiereserve. Diese basiert auf bestehenden Kraftwerken (z.B. Zurückhaltung von Stauseewasser für Ende Winter) und Massnahmen auf der Nachfrageseite (Konsumreduktion), um Dunkelflauten zu überbrücken. Die Ausgestaltung der Energiereserve basierend auf Auktionen entspricht dem BKW-Modell für die Verfügbarkeitsauktion. Ausserdem unterstützt die BKW die Schaffung des Instruments zur Ausschreibung einer zusätzlichen strategischen Reserve bestehend aus neuen Kraftwerken (z.B. Gasturbinen), die nicht am Markt eingesetzt werden. Die Reserven sind so zu gestalten, dass sie zu keinen Marktverzerrungen führen und dass keine Arbitrage möglich ist.
Bei allen Massnahmen zur Versorgungssicherheit ist zwingend das gesamte System zu betrachten. Zu berücksichtigen sind insbesondere die Auswirkungen und Kosten für das Stromnetz. Damit dieses auch in Zukunft den Strom sicher an die Bevölkerung und Unternehmen transportieren kann, braucht es einen intelligenten und effizienten Ausbau des Netzes. Dies bedingt, dass die Regulierung den notwendigen Ausbau möglichst beschränkt (z.B. durch sogenanntes Peak-Shaving) und die Kosten verursachergerecht und fair verteilt werden (Erhöhung der Leistungskomponente beim Netztarif).
Einzelne Energie-Unternehmen wie die BKW sind nicht für die Versorgungssicherheit zuständig (siehe weiter oben). Die BKW leistet jedoch mit ihren laufenden Investitionen in den Erhalt und die Erneuerung der Wasserkraft sowie der jährlichen Investitionen von rund 120 Millionen Franken ins Verteilnetz einen wichtigen Beitrag an die sichere und stabile Energieversorgung von Wirtschaft und Bevölkerung. Auch mit ihrem Dienstleistungsgeschäft unterstützt die BKW die Umsetzung der Energiewende und damit auch der Versorgungssicherheit. Ihre integrierten Kundenlösungen tragen zum Ausbau und zur intelligenten Nutzung von Photovoltaikanlagen bei. Und mit ressourceneffizienten Gebäuden hilft sie, den Energieverbrauch und damit die Nachfrage nach zusätzlicher Stromproduktion zu drosseln.
Der Bund nimmt mit dem heutigen Netzzuschlag (2.3 Rappen pro kWh) jährlich rund 1.4 Milliarden Franken ein. Dieses Geld wird für den Ausbau der erneuerbaren Energien eingesetzt und unterstützt somit indirekt auch die Versorgungssicherheit. Zusätzlich kann der Bundesrat weitere 0.2 Rappen pro kWh Netzzuschlag einführen, um gezielte Massnahmen zur Versorgungssicherheit zu finanzieren.
Damit das dadurch generierte Geld effizient eingesetzt wird, setzt sich die BKW für marktnahe Instrumente zur Förderung der erneuerbaren Energien und zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit ein, insbesondere für Investitionsbeiträge und Auktionen. Je marktnäher die Förderinstrumente für Erneuerbare sind, desto einfacher lassen sich die einzelnen Technologien in den Markt integrieren. Zudem stellen wettbewerbliche Instrumente wie Auktionen sicher, dass die Mittel effizient eingesetzt werden.
Auch beim Aus- und Umbau des Stromnetzes setzt sich die BKW für die grösstmögliche Effizienz ein. Eine effiziente Allokation der Gelder vermeidet unnötige Kosten für die Bevölkerung und die gesamte Volkswirtschaft.