Hier ein Hallo, da ein kurzer Schwatz. Wer Adrian Schwab auf einem Rundgang über das Areal des Kernkraftwerks Mühleberg (KKM) begleitet, merkt schnell: Das ist ein Mann, der überall gut ankommt. Adrian Schwab arbeitet bereits seit 13 Jahren im KKM, heute als Leiter Logistik. Zu Beginn seiner Zeit im KKM war er technischer Assistent des Betriebsleiters. Danach übernahm er verschiedene andere Aufgaben, so unterstützte er beispielsweise den Aufbau des sogenannten Projektportfoliomanagements. In dieser Funktion war Schwab das Bindeglied zwischen den Schichtarbeitenden und dem Tagdienst.
Neue Aufgabe für den Rückbau
Und dann kam die Stilllegung respektive der Rückbau des Kernkraftwerks Mühleberg. Wie alle seine Kolleginnen und Kollegen konnte er eine neue Aufgabe übernehmen. «Ich hatte die Wahl zwischen Projektmanagement und technischem Rückbau», sagt er. Weil der heute 47-Jährige aus einem technischen Beruf kommt – Adrian Schwab machte ursprünglich eine Berufslehre als Werkzeugmacher und war in der Maschinen- und Halbleiterindustrie tätig – entschied er sich für den technischen Rückbau. «In meiner früheren Tätigkeit kam ich auch schon in Kontakt mit der Logistik, so ergab sich die Möglichkeit, die Logistik zu planen und aufzubauen.» Oder wie es sein Vorgesetzter, Joachim Dux, Leiter Rückbau, formuliert: «Zunächst war Adrian Schwab konzeptionell mit dem Aufbau der Logistik im Rückbau beschäftigt. Da war es naheliegend, dass er mit der Gründung der Abteilung ‹Rückbau› das Ressort ‹Logistik› übernimmt und damit jetzt das operativ führt, was er zuvor geplant hat.» Tatsächlich gab es auch schon vor der Stilllegung logistische Arbeiten im KKM zu erledigen. Doch erst Adrian Schwab konnte schliesslich ein eigenes Team zusammenstellen, das nun alle Logistikaufgaben erfüllt. Die Stilllegung und der Rückbau des Kernkraftwerks Mühleberg bedeutet viel Arbeit – aber auch viel Befriedigung. «Es handelt sich um ein sehr interessantes Grossprojekt, welches es so in der Schweiz noch nie gab. Dass ich hier dabei sein kann, dass ich hier etwas beitragen und bewirken kann, bedeutet mir sehr viel.»
Im Job ist Flexibilität gefragt
Adrian Schwab ist der Beweis, dass man bei der BKW respektive im KKM eine Tellerwäscherkarriere hinlegen kann – vom «einfachen» Assistenten zum Chef. «Dass ich diese Chance erhalten habe, schätze ich sehr», sagt Adrian Schwab. In seiner heutigen Führungsfunktion arbeitet er etwa zu 80 Prozent im Büro – wo die grosse Fahne des Fans des Schlittschuhclubs Bern auffällt. Die restlichen 20 Prozent seiner Tätigkeit verbringt er «draussen» bei seinem Logistik-Team. «Ich versuche, mindestens zwei bis drei Mal pro Woche beim Team in der Kontrollierten Zone oder auf dem Areal zu sein. Denn hier ‹läuft der Töff›.» Man wisse nicht, was vor Ort passiert, wenn man nur im Büro sei. Bei seinem Rundgang trifft er auf seine Mitarbeiterin Nathalie Girod. Sie ist Teamleiterin im Maschinenhaus und wie ihr Chef hatte auch sie vor der Stilllegung eine andere Aufgabe: Nathalie Girod war Teil der Betriebswache. Jetzt verantwortet sie die Logistik im Maschinenhaus in der Kontrollierten Zone des KKM.
Dass es eine gewisse Flexibilität in Adrian Schwabs Job braucht, zeigt ein Beispiel aus dem Maschinenhaus. «Hier installierten wir einen Lastenaufzug ins Untergeschoss. Mit diesem Lift können wir die Kisten, in denen sich demontiertes Material befindet, transportieren. Der Lift kam ab ‹Stange›», erklärt Schwab. «Entsprechend mussten wir ihn an die Bedürfnisse des KKM anpassen.» Das heisst: Hier ein Teil einer Stange entfernen, dort ein anders Teil anbauen, «bis er schliesslich für uns passte».
Neue Herausforderungen im Rückbau
Die Logistik ist überall und hat mit sämtlichen Bereichen im KKM Berührungspunkte. Daneben arbeitet Adrian Schwab auch mit anderen Kernkraftwerken zusammen und ist im Austausch mit verschiedenen Behörden. Was hat sich im Rückbau gegenüber dem Leistungsbetrieb geändert? «Im Leistungsbetrieb war während der Revisionen der Zeitdruck grösser», sagt Schwab. Wenn eine Revision abgeschlossen war, «hatten wir etwas mehr ‹Luft› für andere Aufgaben, in welche man mehr Zeit investieren konnte». Ansonsten sei die Arbeit durch viel Routine geprägt gewesen. Was gleich war und ist: «Sämtliche Arbeiten werden absolut gewissenhaft erledigt und die Sicherheit hat oberste Priorität.» Beim Rückbau handle es sich aber nun um eine Baustelle. Bei der Frage, wie denn ein typischer Arbeitsalltag jetzt aussehe, muss Adrian Schwab schmunzeln. «Wir können heute etwas planen und morgen ändert sich die Ausgangslage aus irgendeinem Grund völlig.» Genau dies sei das Schöne und das Herausfordernde. «Dass kein Tag wie der andere ist, macht unsere Arbeit sehr interessant.» Die einzige Konstante in Adrian Schwabs Arbeitsalltag ist die sogenannte Arbeitssteuerungssitzung (Assi), die täglich stattfindet. Hier tauscht er sich mit den anderen im Rückbau tätigen Bereichen aus. «Für den Rest des Tages versuche ich, meinem Team in Zusammenarbeit mit den anderen Schnittstellen die Rahmenbedingungen für eine reibungslose Arbeit zur Verfügung zu stellen.» Denn nur so gelinge es, Hand in Hand zu arbeiten, «schliesslich geht es nicht um mich oder um mein Team, sondern um das grosse Ganze». Das sei es, was zähle, denn nur so könne man die Anforderungen erfüllen.
Auf einem Rundgang mit Adrian Schwab im Maschinenhaus und auf dem KKM-Areal
Tonnenschwere Container
Diese Anforderungen sind vielfältig. Im Team von Adrian Schwab sind aktuell 15 Leute fest- und neun Leute temporär angestellt. Sie sind dafür verantwortlich, dass Material von A nach B transportiert wird. Sein Team hat Schwab in 5 kleinere Teams aufgeteilt – je nach Einsatzort: Maschinenhaus, Reaktorgebäude, Areal sowie Ersatzteil- und Materiallager. Seit Anfang 2022 gehört auch noch der Gerüstbau zum Ressort Logistik.
Die nächste Station auf Adrian Schwabs Rundgang führt ihn auf das Areal. Im hinteren Bereich des Geländes ist Areal-Logistiker Rudolf Frank gerade damit beschäftigt, einen tonnenschweren Container wegzuheben. Dies macht er mit einem Teleskoplader mit 30 Tonnen Eigengewicht und 24 Tonnen Hubkraft. «Das war der erste Teleskoplader dieser Grösse, der in der Schweiz zum Einsatz kam», sagt Adrian Schwab. Beschafft hat die BKW das Ungetüm mit seinen 11 Metern Ausleger und einer Kamera mit Laser in der Spitze zum präzisen Arbeiten vor drei Jahren.
Hohe Akzeptanz im Team
Wie würde Adrian Schwab seinen Führungsstil beschreiben? «Ich möchte so führen, wie ich gerne selber geführt werden würde», lautet seine Antwort. Er gebe seinen Leuten Aufträge und unterstütze sie, wenn es Probleme gibt. Dabei betont Schwab, dass er mit seinem Team sehr zufrieden sei. «Mein Team funktioniert hervorragend – auch wenn ich mal abwesend bin.» Und wie beschreibt sein Vorgesetzter, Joachim Dux, Schwabs Führungsstil? «Adrian Schwab führt sein Team im Sinne unseres Führungsverständnisses in der Abteilung. Er gibt seinen Mitarbeitern grossen Gestaltungsspielraum, erwartet aber immer auch entsprechende Leistungen und offenen und kollegialen Umgang unter allen. Damit geniesst er in seiner Truppe eine hohe Akzeptanz und ist in den ersten beiden Jahren des Rückbaus sowohl fachlich als auch persönlich an der Aufgabe gewachsen.» Ein schönes Kompliment vom Chef.
Bis im Jahr 2034 wird das Kernkraftwerk Mühleberg zurückgebaut sein. Was dann mit dem Areal passieren wird, ist noch offen. Und was macht Adrian Schwab, der soeben eine Weiterbildung in Betriebswirtschaft abgeschlossen hat, dann? «Wenn alles so läuft wie geplant, werde ich in zehn Jahren nicht mehr hier sein», sagt er. Warum? Weil es dann seine Aufgabe nicht mehr geben wird. «Ich weiss nicht, wo ich in zehn Jahren sein werde. Irgendeinen neuen Job werde ich brauchen, denn 2032 werde ich noch nicht pensioniert sein», sagt er und lacht.
Mehr Menschen hinter der Stilllegung
- Adrian Schwab – vom Assistenten zum Chef-Logistiker
- Denis Ablondi – «Geht nicht gibt’s nicht»
- Frank Holzgrewe – der Mann für das Innerste des Reaktors
- Stephan Navert – ein Mann, der Mitarbeitende und Umwelt vor Radioaktivität schützt
- Markus Rufer – einer, der den Überblick behält
- Alexandra Reiche – eine Frau mit Kraftwerken im Blut
- Urs Amherd – einer, der nach vorne schaut
- Martin Saxer – der Captain einer Mannschaft im Wandel
- Silvan Maeder – ein gut vernetzter Zahlenmensch
- Andres Izquierdo – Fasziniert von der Kernenergie
- Joachim Dux – ein Mann für grosse Projekte