Elektromobilität auf dem Prüfstand: Wie gelingt uns die Mobilitätswende?

Das Thema Elektromobilität ist in den Medien präsent, oft mit einem pessimistischen Blick in die Zukunft. Es wird von einem vorübergehenden Trend gesprochen und das Ende der Mobilitätswende prognostiziert. Doch wie ernst ist die Lage wirklich? Welche Hürden gibt es, und wie kann die Politik die Entwicklung weiter fördern? Wir haben dazu Peter Arnet, Leiter Smart Mobility bei der BKW, befragt.

In den Medien liest man aktuell, dass der E-Auto-Boom schon wieder vorbei sei und Schweizer vermehrt Benzin- oder Dieselwagen kaufen. Kannst du das bestätigen?


Nein, die Transformation zur Elektromobilität steht noch am Anfang. Die Gründe für die stagnierenden Verkaufszahlen sind vielfältig. Einerseits berichten die Medien häufig über Probleme in der Automobilindustrie. Andererseits haben sich die politischen Rahmenbedingungen für Elektrofahrzeuge in diesem Jahr verändert. So werden beispielsweise Strafgebühren für zu hohe CO2-Emissionen bei Fahrzeugimporteuren erst im kommenden Jahr wieder greifen.

Weisses Elektroautos beim Aufladen am Ladepark
Foto: Marcus Lindstrom / gettyimages.com

Bis 2025 soll gemäss der Roadmap Elektromobilität jeder zweite Neuwagen ein Elektroauto sein. Viele behaupten, dieses Ziel sei nicht mehr erreichbar. Was ist deine Meinung dazu?

Ich denke auch nicht, dass die Roadmap 2025 ihre Ziele bis Ende 2025 erreichen wird. Zum einen wurden die Vorgaben etwas zu ambitioniert formuliert, zum anderen reichen die Massnahmen nicht aus, um diese Ziele zu realisieren. Dennoch besteht weiterhin der politische Wille, die Elektromobilität zu fördern. Daher überrascht es nicht, dass die Roadmap bis 2030 verlängert wird.

«Es besteht weiterhin der politische Wille, die Elektromobilität zu fördern.»
Peter Arnet

Warum entwickelt sich die Nachfrage nicht so wie erhofft?

Wie bereits erwähnt, besteht der politische Wille, die gesteckten Ziele zu erreichen. Doch ohne ausreichenden Druck seitens der Politik wird es schwierig, diese Ziele vollständig umzusetzen. Zudem haben sich viele Menschen an die Verbrennungstechnologie gewöhnt und tun sich schwer mit dem Umstieg auf neue Technologien. Viele warten auch darauf, dass preiswertere Elektrofahrzeugmodelle auf den Markt kommen.

Welches sind die grössten Hürden beim Umstieg auf Elektromobilität?

Der Preis der Elektrofahrzeuge wird massgeblich darüber entscheiden, ob und wie schnell sie sich auf dem Markt durchsetzen. In der Schweiz, einem Land mit vielen Mietern, sind zudem viele Menschen darauf angewiesen, dass ihre Vermieter die nötige Infrastruktur für Ladestationen bereitstellen. Deshalb ist es wichtig, dass die Politik klare Rahmenbedingungen schafft, um das Laden in Wohnanlagen zu ermöglichen. Hinzu kommt, dass immer noch viele Mythen, wie etwa die begrenzte Reichweite von Elektrofahrzeugen, den Umstieg auf Elektromobilität verlangsamen.

Die Schweiz hat eines der grössten öffentlichen Ladenetze in Europa. Gibt es aktuell immer noch zu wenig Lademöglichkeiten?

Die Schweiz verfügt über eines der dichtesten Ladenetze in Europa, mit rund 14’000 öffentlichen Ladestationen. Wer beispielsweise von Zürich nach Bern fährt, findet entlang der Autobahn zahlreiche Ladestationen auf Rastplätzen. Diese sind in der Regel gut verfügbar und ermöglichen ein schnelles Aufladen des Elektrofahrzeugs in kurzer Zeit. Die kostengünstigste Variante ist aber natürlich das Laden zu Hause oder am Arbeitsplatz.

Peter Arnet Leiter Smart Mobility bei der BKW steht im Büro
Peter Arnet, Leiter Smart Mobility bei der BKW

Was müsste die Politik tun, um das Laden zu Hause und am Arbeitsplatz zu ermöglichen?

Es gibt bereits einen Vorstoss von Jürg Grossen für ein "Recht zu Laden". Dieser Vorstoss hat die Hürde im Nationalrat genommen und liegt nun im Ständerat. Es geht darum, dass Mieter das Recht haben, Ladestationen auf ihrem Parkplatz zu installieren. Zudem ergibt sich bei Grossflotten das Problem, dass Mitarbeitende für das Laden zu Hause, eine Stromkostenvergütung vom Arbeitgeber benötigen. Die Regelungen und die maximal erlaubte Auszahlung variieren je nach Kanton und decken oft nicht die tatsächlichen Stromkosten der Mitarbeitenden.

Wie sieht es mit Unternehmen und deren Flotten aus? Was sind die Treiber zur Elektrifizierung?

Unternehmen mit einer grossen Fahrzeugflotte sind heute durch ihren CO2-Fussabdruck dazu verpflichtet, ihre Emissionen zu reduzieren. Für viele Firmen liegt einer der grössten Hebel in der Umstellung ihrer Fahrzeugflotte. Zahlreiche Schweizer Unternehmen haben bereits angekündigt, ihre Fahrzeuge bis 2030 vollständig oder teilweise zu ersetzen. Allein dieser Trend wird dazu führen, dass in den kommenden fünf Jahren eine erhebliche Anzahl von Elektrofahrzeugen in der Schweiz zugelassen wird.

Was sind die Herausforderungen für Unternehmen bei der Umstellung auf eine Elektroflotte?

Wenn ein Unternehmen beschliesst, seine Fahrzeugflotte auf Elektrofahrzeuge umzustellen, ist die Bestellung der Fahrzeuge die unkomplizierteste Aufgabe. Die eigentlichen Herausforderungen liegen in der Bereitstellung der notwendigen Ladeinfrastruktur, am Arbeitsplatz und zu Hause bei den Mitarbeitenden. Die Kosten für das Laden zu Hause müssen durch Spesenzahlungen erstattet werden. Leider erschweren die Steuerämter diesen Prozess oft noch. Die BKW Smart Mobility bietet bereits ein System an, das diese Spesenzahlungen für das Heimladen von Flottenfahrzeugen verwaltet.

«In der Transportbranche wird die Elektrifizierung zügig voranschreiten. Auch im Bereich der Busse wird derzeit erheblich in die Infrastruktur investiert.»
Peter Arnet

Wie sieht es bei Bussen und Nutzfahrzeugen aus? Geht dort die Elektrifizierung schneller voran?

Insbesondere in der Transportbranche wird die Elektrifizierung zügig voranschreiten. Viele Unternehmen rüsten bereits ihre Fuhrparks auf E-LKW um und profitieren von der Befreiung von der LSVA (leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe). Auch im Bereich der Busse wird derzeit erheblich in die Infrastruktur investiert, um diese künftig elektrisch betreiben zu können.

Haben wir genug Energie für die Elektrifizierung des Verkehrs?

Wenn wir heute den gesamten Schweizer Verkehr elektrifizieren würden, würden wir etwa 15 bis 20 Prozent mehr Strom benötigen. Mit dem Stromgesetz, das von der Schweizer Stimmbevölkerung am 9. Juni angenommen wurde, hat die Politik die nötigen Rahmenbedingungen zum Ausbau der erneuerbaren Energien geschaffen. Auch die BKW ist bereit, ihren Beitrag für mehr Stromproduktion in der Schweiz zu ermöglichen. Es ist jedoch entscheidend zu verstehen, dass wir vor allem unsere Emissionen senken müssen, was nahezu ausschliesslich durch elektrische Energie möglich ist.

Welche Rolle spielt die öffentliche Hand bei der Mobilitätswende?

Gemeinden, Kantone und der Bund sind gefordert, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen und mit gutem Beispiel voranzugehen. Das tut die Schweizerische Post, die sich verpflichtet hat, ihre gesamte Fahrzeugflotte, einschließlich Busse und Lastwagen, bis 2040 zu elektrifizieren.

Person lädt ein weisses Elektroauto.
Elektroauto laden im Ionity Ladepark in Oftringen.

Elektromobilität bei der BKW

Die BKW bietet ganzheitliche Elektromobilitätslösungen aus einer Hand. Wir begleiten unsere Kundinnen und Kunden auf ihrem Weg zur Elektromobilität – von der Entwicklung individueller Ladekonzepte und der Auswahl des optimalen Ladesystems bis hin zur Integration in das Gebäude-Management, der Steuerung der Ladestationen und der Abrechnung. Unsere Lösungen richten sich an Privat- und Geschäftskunden, die öffentliche Hand, die Immobilienbranche sowie die Fahrzeugindustrie.

Weitere Infos zu unseren Dienstleistungen finden Sie hier.

Haben Sie Fragen? Wir beraten Sie gerne.

[email protected]

058 477 49 19

Kontaktformular

 

Autor:in

Kommentare

BKW ist offen für einen respektvollen Onlinedialog (unsere Netiquette) und freut sich über Ihre Kommentare und Fragen. Für Fragen, die nicht zum obigen Thema passen, verwenden Sie bitte das Kontaktformular.

Keine Kommentare bisher