Leistungserbringer
Die Zentrale Leitstelle (ZLS) in Mühleberg ist von aussen ein unscheinbares Gebäude. Doch wer sich dem Gelände nähert, bemerkt rasch die starke Sicherung: Hoher Zaun, Überwachungskameras, schweres Eisentor – die ZLS ist ein kleines Fort Knox. Das hat einen Grund: Im Innern wird kritische Infrastruktur, unter anderem das ganze BKW Hoch- und Mittelspannungsnetz, auf unzähligen Monitoren überwacht und gesteuert. Verantwortlich dafür sind die Disponenten. Neben ihrer Überwachungstätigkeit stehen sie mit Kundinnen und Kunden bei Störungen in Kontakt. Ebenfalls vor Ort ist immer ein Pikettingenieur.
Das BKW Netz ist gross. Über 20 000 Kilometer erstreckt es sich von der französischen Grenze über den Jura bis ins Berner Oberland. Über dieses Netz wird der Strom zu mehr als einer Million Menschen verteilt – rund um die Uhr. Oder fast rund um die Uhr. Denn trotz Instandhaltungsarbeiten und Investitionen lassen sich Störungen, etwa durch Naturereignisse, nicht vollumfänglich vermeiden. So geschehen zum Beispiel im Januar 2018. Damals hielt Sturm Burglind die ZLS-Mitarbeitenden auf Trab. Bis zu 40 000 Kundinnen und Kunden waren zeitweise ohne Strom. Die Telefone in der Leitstelle liefen heiss.
Die Leitstelle hat einen Zwilling
Ein ganz anderes Bild bot sich während der Pandemie: Um die Gefahr einer Ansteckung zu senken, arbeitete der Grossteil der 55-köpfigen Belegschaft von zu Hause aus. «Corona bedeutete für uns vor allem Isolation», sagt Stephan Schmitt, Leiter der Netzleitstelle. In der Leitstelle standen während Wochen nur jene Mitarbeitenden im Einsatz, die für den täglichen Betrieb zwingend nötig waren, also die Disponenten.
Erstmals kam während der Pandemie auch die Notleitstelle, eine Art Zwilling, zum Einsatz. Diese liegt rund 20 Kilometer von Mühleberg entfernt. «Hier sind sämtliche Einrichtungen redundant zur ZLS in Mühleberg vorhanden – inklusive Kaffeemaschine», erklärt Stephan Schmitt. Die redundante Leitstelle, die 2021/2022 auf den neusten Stand der Technik gebracht wurde respektive wird, sei jedoch auch sonst immer in Betrieb «in einem sogenannten Hot-Stand-by, sodass wir bei Bedarf jederzeit darauf ausweichen könnten».
Mehrsprachig im 24-Stunden-Betrieb
Auch die ZLS in Mühleberg, ein Bau aus den 1970er-Jahren, wird laufend fit für die Zukunft gemacht. So unterstützt eine neue Software künftig die Disponenten beim Beheben von Störungen. Was die Software jedoch nicht kann: Wenn etwa wegen eines Sturms Stromleitungen beschädigt werden, müssen Netzelektriker ausrücken und diese bei allen Wetterlagen reparieren.
Die Disponenten sind permanent im Einsatz – 365 Tage im Jahr, 24 Stunden am Tag. «Da tagsüber an Werktagen der Aufwand üblicherweise wesentlich grösser ist als an Wochenenden oder nachts, variiert die Belegung zwischen zwei und sechs Mitarbeitern», sagt Kasimir Egli, Leiter Dispatching. In ausserordentlichen Situationen, Egli denkt hier etwa an Gewitter und Stürme, wird das Personal an Wochenenden und in der Nacht aufgestockt. Dabei sei es herausfordernd, die Schichten zu planen, zumal französisch- und deutschsprachige Regionen betreut werden. «Die Bereitschaft, Kollegen auf der Schicht zu vertreten beziehungsweise zu verstärken, ist aber gross», betont der Disponenten-Chef. Im Übrigen spricht Egli bewusst nur von Kollegen. In seinem Team arbeiten nämlich bis jetzt nur Männer.
Das Backoffice der Leitstelle
Zur vierköpfigen Führung der Zentralen Leitstelle gehört auch Philippe Rothermann. Er verantwortet das Backoffice des Netzbetriebs. Die Aufgabe der 18 Mitarbeitenden ist es unter anderem, die Leitsysteme zur Verfügung zu stellen, betriebliche Prozesse abzuklären, Untersuchungen und Netzstudien durchzuführen, Statistiken zu erfassen, Ausschaltplanungen zu erstellen und Bauprojekte unter Einhaltung der Netzsicherheit zu koordinieren. Sein Team hat Rothermann in zwei Fachgruppen gegliedert. Zwei Hauptherausforderungen nennt Rothermann: Einerseits sei es herausfordernd, den Austausch unter allen Team-Mitgliedern zu pflegen. «Die Mitarbeitenden sind Experten auf gewissen Gebieten. Dieses Wissen müssen sie mit ihren Kollegen teilen, insbesondere für den Pikettdienst», erklärt er. «Ausserdem weiss man im Pikettdienst nie, was auf einen zukommt.» Welche Ereignisse passieren? Welche Fragen stellen die Kundinnen und Kunden? «Dank eines sehr guten Teams mit Dispatchern und dem Backoffice könne diese Herausforderung aber ganz gut gemeistert werden.»
Schutz der kritischen Infrastruktur
Wie vielfältig die Aufgaben der ZLS sind, erklärt Martin Hofmann, Leiter Grid Communications. Sein Team erstellt und betreibt die Informatik- und Telekommunikationssysteme für die Netzbetriebsführung respektive die Netzsteuerung. Das hört sich sehr technisch an – und das ist es auch. Auf Basis dieser Systeme betreibt und überwacht das Ressort «Netzbetrieb Planung und Engineering» das Netzleitsystem, also Unterstationen, gewisse Trafostationen, Schaltstationen und Mastschalter. Zu den Aufgaben von Grid Communications gehört auch das Warten der riesigen eigenen Serveranlagen im Untergeschoss der Leitstelle und der Notleitstelle. «Denn eine ganz wichtige Anforderung an unsere Systeme und Infrastrukturen ist die Verfügbarkeit», sagt Hofmann. Zusätzlich müssen sie auch dann noch weiter funktionsfähig sein, wenn die öffentlichen Kommunikationsmedien wie Internet, Festnetztelefonie, mobile Telefonie, Fernsehen und Radio bereits nicht mehr verfügbar sind, beispielsweise bei einem grossen regionalen oder nationalen Stromausfall, «also wenn die Schweiz dunkel ist», sagt Hofmann. «Daneben schützen wir unsere Systeme und Infrastrukturen auch möglichst gut gegen Cyberangriffe.» So überrascht es nicht, dass die ZLS so stark geschützt ist wie ein kleines Fort Knox.
Beitrag aus Inmotion
Dieser Beitrag stammt aus «Inmotion», dem Magazin für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BKW Gruppe. Die ganze Ausgabe als PDF finden Sie hier.
Ch Weber, 23.06.2022, 11:14
Ein freundlicher Artikel, aber nicht vergessen, dass in Sichtweite zur ZLS – derzeit noch – ein weiterer Bau aus den 70er-Jahren steht, der bis zum Einstellen des Leistungsbetriebes deutlich stärker gesichert war (und wahrscheinlich auch heute noch ist), als das beschriebene Gelände.
Auch da gab – und gibt es – noch 24h/d, 7d/w und 365 d/y Schichtdienst.
Gruss und meinen Respekt für die Kollegen in der ZLS und dem Standort Mühleberg.Buntschu Adrian, 16.06.2022, 11:00
Fast wie Fort Konx?!
Fläche Mühleberg 26.26km2
Fläche Fort Knox 162km2
Personal ZLS ca 50 - 80
nur Soldaten in Fort Knox ca. 40'000
ZLS: Sehr sehr wichtig und sehr gut für die BKW und die Schweiz, aber nur fast wie Fort Knox ; )
Kommentare (2)
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