Leistungserbringer
Der Strom ist knapp im Winter. Warum?
Die Herausforderung ist, dass die Nachfrage und das Angebot von Strom zu jedem Zeitpunkt im Gleichgewicht sein müssen. Im Winter besteht ein erhöhter Strombedarf für Heizungen, Beleuchtung etc. Gleichzeitig wird in der Schweiz im Winter weniger Strom produziert als im Sommer. Bislang konnte diese Lücke mit Stromimporten aus Europa kompensiert werden, um die Nachfrage auszugleichen. Die unsichere Verfügbarkeit der Kernkraftwerke in Frankreich und von Gas aus Deutschland stellen diese Importmöglichkeit infrage, wobei jedoch die Gasspeicher in Deutschland inzwischen gut gefüllt sind. Aber die Problematik der Stromimporte im Winter bleibt langfristig bestehen.
Die Medien berichten über Bäckereien oder andere KMUs, die noch keinen Strom eingekauft haben und die angesichts der hohen Strompreise vor dem Ruin ständen. Wie viele Unternehmen im freien Strommarkt haben tatsächlich das Problem der kurzfristigen Strombeschaffung?
Zuerst möchte ich klarstellen, dass sich bereits vor den Höchstpreisen im August dieses Jahres 90 Prozent aller Unternehmen am freien Markt mit der notwendigen Menge für das Jahr 2023 eingedeckt hatten. Aktuell betrifft dies etwas mehr als 100 Unternehmen, die ihren Strom bei der BKW beziehen und sich noch nicht für einen Folgevertrag entschieden haben. Dies entspricht einem Gesamtkonsum von rund 300 GWh Strom. Viele dieser Unternehmen warten angesichts der momentan sinkenden Preise noch ab, um möglichst günstig Strom beschaffen zu können.
Im Moment scheint sich die Preislage auf dem Strommarkt tatsächlich auf hohem Niveau zu stabilisieren. Ist dies auch für die Unternehmen im freien Markt spürbar?
Ja, sowohl bei den Terminmarktpreisen und insbesondere auch für Unternehmen im freien Markt, die ihren Strom auch am Spotmarkt beschaffen, sind die Preise stärker gesunken.
Was bietet die BKW den Unternehmen im freien Markt an, damit sie einerseits Strom sparen und andererseits mit den hohen Preisen umgehen können?
Wir möchten die Entscheidungsfähigkeit der Unternehmen durch Flexibilität unterstützen, sodass sie auf Preisentwicklungen reagieren und so direkt profitieren können. Die BKW bietet den Unternehmen im freien Markt zwei Varianten an. Bei der ersten Variante «Energy Relax» kauft das Unternehmen seinen Strom zum Fixpreis für die gesamte Laufzeit des Vertrages und hat somit eine Planungssicherheit. Das Risiko trägt dabei die BKW. Neu können Unternehmen bei diesem Modell ihren Strombedarf für die Folgejahre schrittweise einkaufen, wobei sie ihre Energiemenge in Tranchen zu unterschiedlichen Zeitpunkten einkaufen und bei jeder Tranche den jeweiligen Marktpreis absichern. Dadurch entsteht für das Gesamtjahr ein Durchschnittspreis und man glättet sein Risiko, zum «falschen» Zeitpunkt eingedeckt zu haben. Eine weitere Flexibilisierung bei dieser Variante besteht darin, dass das Unternehmen auch bestimmte Monate in der Strombeschaffung zum Fixpreis auslassen kann, um so den Fixpreis der gesamten Beschaffung zu senken. Den Strom für das ausgelassene Quartal kann das Unternehmen dann am Spotmarkt einkaufen. Dabei muss es nur so viel einkaufen, wie tatsächlich benötigt wird. Stromspareffekte wirken dadurch direkt – vorausgesetzt, der Strompreis am Spotmarkt ist tiefer als der vereinbarte Fixpreis.
Und welches Angebot besteht für Unternehmen, welche nicht zum Fixpreis beschaffen, sondern bei der Strombeschaffung flexibler sein wollen?
Diesen Unternehmen bieten wir die zweite Variante «Energy Balance». Dabei decken die Unternehmen ihren Strombedarf ebenfalls stückweise ab, aber an unterschiedlichen Märkten. Einerseits wird mit einem Basisprodukt eine bestimmte Strommenge für das ganze Jahr am Terminmarkt gekauft – also am Strommarkt mit längerfristigen Lieferverträgen mit einer Vorlaufzeit von mehreren Jahren. Andererseits wird der restliche Strombedarf zum Beispiel am Spotmarkt – also dem Handelsplatz für kurzfristig lieferbaren Strom – abgedeckt. So ist das Unternehmen sehr flexibel, wann es welchen Strom einkauft und kann von der Preisentwicklung bis zum Lieferzeitpunkt profitieren.
Die Strombeschaffung ist das Eine. Gleichzeitig läuft eine vom Bundesrat lancierte Stromsparkampagne. Haben die Firmen überhaupt Potential, um Strom zu sparen?
Der Strom im Winter ist deutlich teurer als der Strom im Sommer. Die wirkungsvollste Einsparung ist folglich, wenn das Unternehmen eine gewisse Zeit gar nicht produziert. Das mag seltsam klingen, ist aber durchaus möglich. Beispielsweise müssen Maschinen in Revision gehen oder während Betriebsferien wird ebenfalls oft der Betrieb zumindest teilweise eingestellt. Normalerweise geschieht dies im Sommer. Wenn diese Phasen in den Winter vorverlegt werden können, sparen die Unternehmen Strom zum teuersten Zeitpunkt im Jahr. Haben diese Unternehmen den Strom bereits eingekauft, kauft ihnen die BKW die eingesparte Menge zum Marktpreis wieder ab. So profitiert das Unternehmen direkt von den hohen Strompreisen. Und grundsätzlich gelten natürlich die Spartipps wie Temperatur senken oder Betriebszeiten anpassen analog zur Stromsparkampagne des Bundesrates für Unternehmen.
Warum verdient die BKW nur bedingt, wenn Unternehmen im freien Markt für diesen Winter Strom bei der BKW kaufen?
Die BKW macht im Energiehandel ihrerseits Risikoabsicherungen. Daher verkauft sie ihren produzierten Strom bereits Jahre im Voraus an der Börse, um sich abzusichern. Wenn nun Marktkunden ihren Strom von der BKW beziehen wollen, muss die BKW diesen Strom von der Börse zu Marktkonditionen zurückkaufen. Zudem basiert beim Weiterverkauf des Stroms an das Unternehmen das Geschäftsmodell der BKW nicht auf einen prozentualen Zuschlag auf den Marktpreis, sondern auf einen Zuschlag pro Megawattstunde. Das heisst, die BKW profitiert beim Stromverkauf an Unternehmen nicht von den stark gestiegenen Marktpreisen.
Sind die Unternehmen für eine Strommangellage gewappnet?
Falls der Bundesrat Verbrauchseinschränkungen von energieintensiven, nicht lebensnotwendigen Anwendungen beschliesst (OSTRAL Stufe 2), scheinen die Unternehmen am freien Markt gewappnet zu sein. Schwieriger zu beurteilen ist, ob die Unternehmen gewappnet für Kontingentierungen sind. Wahrscheinlich sind nicht alle Unternehmen für den Fall vorbereitet, in dem Grossverbraucher ihren Strombedarf reduzieren müssen (OSTRAL Stufe 3). Generell gilt wohl: Je grösser der Energiebedarf des Unternehmens ist, desto mehr hat es sich mit der Strommangellage auseinandergesetzt und zumindest nach Lösungen gesucht.
Wie können sich die Unternehmen auch in Folgejahren zu einem bezahlbaren Preis auf eine Strommangellage vorbereiten?
Grundsätzlich gilt: Alle Strombeschaffungsmodelle, welche die BKW anbietet, sind Jahre im Voraus einsetzbar. Das heisst, die Unternehmen können bereits jetzt ihre Energie für die Jahre 2024, 2025 teilweise auch bis 2027 beschaffen. Der Vorteil für die Unternehmen besteht darin, dass die Preise für Folgejahre massiv günstiger sind, als das Jahr 2023 heute kostet. Darum ist es für Unternehmen essenziell, sich jetzt mit den Strompreisen nach 2023 auseinanderzusetzen. Es ist auch klar absehbar, dass der Strompreis für längere Zeit nicht wieder unter 10 Rappen pro KWh sinken wird. Das bedeutet für die Unternehmen, dass die Strompreise langfristig teurer sein werden als im letzten Jahrzehnt.
Was für eine Auswirkung hat die aktuelle Energiemarktsituation auf die Unternehmen im freien Markt?
Die Energiekrise ist eine europäische Krise. In Europa werden die Unternehmen untereinander keinen Wettbewerbsnachteil haben, da alle mittelfristig mit hohen Energiepreisen konfrontiert sind. Das Problem ist aber, dass sowohl die asiatische als auch die amerikanische Wirtschaft diese Probleme nicht haben. Das bedeutet, dass europäische Unternehmen, die auch ausserhalb des Kontinents im Wettbewerb stehen, langfristig einen Wettbewerbsnachteil haben, da ihre Produktion aufgrund ihrer hohen Energiepreise teurer sein wird.
Die BKW spart Strom
Als Unternehmen mit über 11’500 Mitarbeitenden nimmt die BKW ihre Verantwortung wahr und setzt Energiesparmassnahmen um. In den Betriebs- und Büroräumen der BKW Energie AG wird die Raumtemperatur in allen beheizten Büros um drei bis vier Grad auf 19 bis 20 Grad gesenkt. An gemieteten Standorten wird zusammen mit den Eigentümern nach Möglichkeiten zum Energiesparen gesucht. In den Gebäuden am Hauptsitz der BKW wird die Beleuchtung reduziert: Korridore, Treppenhäuser, Eingangshalle etc. werden nur bis 19 Uhr beleuchtet. Danach sorgt eine minimale Grundbeleuchtung für die nötige Sicherheit. Auch die Aussenbeleuchtungen der Gebäude einschliesslich der Marken-Logos und Werbebanner werden reduziert oder komplett abgeschaltet.
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