Wendy und ihre Brüder wandern auf Eis

Normalerweise fährt sie auf Gletschern Ski. Im Engadin erkundete Skirennfahrerin Wendy Holdener den Morteratschgletscher zu Fuss, gemeinsam mit ihren Brüdern und Fans. Ein herrliches Erlebnis – abgesehen von den Spuren der Eisschmelze.

Blauer Himmel, Sonne, imposante Berge. Dazu eine bestens gelaunte Wendy Holdener und eine nicht minder gut aufgelegte Wandergruppe: Besser hätten die Voraussetzungen für die von der Energie- und Infrastrukturdienstleisterin BKW für Wettbewerbsgewinner organisierte Wanderung über den Morteratschgletscher nicht sein können. Gestartet wurde auf der Diavolezza, 2973 m ü.M. – für Wendy Holdener (29) kein Neuland. «Wir können hier jeden Oktober skifahren. Das ist eine meiner Lieblingszeiten in der Vorbereitung. Zum ersten Mal ohne Ski war ich vor ein paar Jahren für einen Werbespot von BKW auf dem Gletscher.»

Zu Fuss auf dem Gletscher

Über den Morteratschgletscher gewandert ist sie jedoch noch nie. Doppelt schön: Sie kann den Weg gemeinsam mit ihren Brüdern Steve (34) und Kevin (32) unter die Bergschuhe und Spikes nehmen. Während Kevin ihre Medien- und Sponsoreneinsätze organisiert und koordiniert, ist Steve als Investmentbanker in Asien tätig. «Dass ich mit beiden Brüdern unterwegs bin, passiert also nicht so häufig», sagt Wendy Holdener. «Ich schätze es sehr, mit der Familie hier zu sein und einen schönen Tag in den Bergen zu erleben», betont Steve Holdener, der gerade von Hongkong nach Singapur umgesiedelt ist. Obwohl er in Asien auch von viel Natur umgeben ist, fehlt ihm etwas: «Ich vermisse den Winter und den Wintersport.» Nachdenklich stimmen ihn die unübersehbaren Spuren der Eisschmelze. «Die Temperaturen und die Naturgewalten, die sich niederschlagen, sind bedenklich.» Gerade dieses Jahr ist es für die Gletscher besonders prekär. Gemäss Daten des Schweizerischen Gletschermessnetzes Glamos haben die Schweizer Gletscher alleine zwischen dem 15. und 21. Juni 300 Millionen Tonnen an Eis und Schnee verloren.

Bald kein Gletscher mehr

Dass auch der Morteratschgletscher unter der Klimaerwärmung «schwitzt», ist nicht zu übersehen: Überall fliesst Wasser. Zudem stösst die Gruppe unterwegs immer wieder auf Dinge, die durch die hohen Temperaturen freigeschmolzen werden. Darunter sind uralte Bierdosen und Papierli von Gala-Käsli, die früher als Wegzehrung auf Wanderungen im Trend waren. Den Höhepunkt bildet ein alter, verrosteter Pickel. Er dürfte zwischen 50 und 70 Jahre im Eis gelegen haben. Dass Gletscher schmelzen, ist an sich kein aussergewöhnliches Phänomen. Auf der Erde haben sich schon immer eisfreie Phasen und Eiszeiten abgewechselt. Das Tempo, im dem die Schmelze passiert, ist allerdings alarmierend. Der Morteratschgletscher stellte zum Beispiel 2003 einen Negativ-Rekord auf, als er sich in einem einzigen Sommer um 76 Meter zurückzog.

Holdeners Antrieb gegen den Klimawandel

Alle können etwas tun Schmelzende Gletscher bedeuten auch, dass uns wichtige Wasserreserven abhanden kommen, die etwa in der Strom-Produktion benötigt werden. Doch wir alle können mithelfen, dieser Entwicklung entgegenzuwirken – indem wir unseren CO2-Fussabdruck verringern. «Im Moment bin ich noch Mieterin. Aber meine eigene Wohnung ist in Planung. Ich überlege mir die Anschaffung einer Solaranlage. E-Mobilität wird auch ein Thema sein, alleine schon damit die Garage für die Zukunft gerüstet ist», sagt Wendy Holdener. Ansonsten ist sie bemüht, möglichst viel zu recyceln. Und sowohl sie als auch ihr Bruder Kevin setzen aufs Carsharing. «Fürs Skifahren braucht man das Auto. Carsharing ist deshalb ein grosses Thema. Wir versuchen immer, Fahrgemeinschaft zu bilden, um weniger Autokilometer umzusetzen», sagt Kevin Holdener. Auf die Frage, was seine Schwester antreibt, meint er: «Ihre eigene Motivation. Sie ist sehr konsequent, hat aber immer Freude am Skifahren. Freude und Ehrgeiz sind eine gute Kombination, die sie erfolgreich macht.» Erfolgreich ins Ziel kommt Wendy Holdener nicht nur auf der Piste, sondern auch am Ende ihrer Gletscherwanderung – wie der Rest der 26-köpfigen Truppe. Gedauert hat der Abstieg bis zur RhB-Station Morteratsch fünf Stunden. Fazit der Skirennfahrerin: «Es war traumhaft. Ich hoffe, dass kommende Generationen das auch noch erleben können!»

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