Denis Ablondi macht einen Rundgang durchs Maschinenhaus des Kernkraftwerks Mühleberg (KKM). Es gehört zur kontrollierten Zone, also dem Teil der Anlage, in dem potenziell Radioaktivität vorhanden ist. Hier arbeiten die meisten seiner Mitarbeitenden, und auch Denis Ablondi ist regelmässig vor Ort.
Bei seinem Rundgang erkundet er sich nach dem Fortschritt der Arbeiten. Hier auf Deutsch, da auf Italienisch und dort auf Spanisch. Alles spricht er fliessend: Denis Ablondis Vater ist Italiener, seine Mutter Baskin. Und er sagt von sich selbst: «Ich habe ein Gespür für die Menschen.» Er weiss, wo er welchen Spruch machen kann.
Zusammen mit seinem 30-köpfigen Team ist Denis Ablondi verantwortlich für die Materialbehandlung im KKM. Dazu gehört, Anlagenteile und Systeme, aber auch Kleidungstücke zu dekontaminieren. Letzteres geschieht in der sogenannten Aktivwäscherei. In speziellen industriellen Waschmaschinen werden hier beispielsweise Overalls, Schutzanzüge und Handschuhe gereinigt. Jeden Tag fallen rund 250 Kilo Wäsche an.
Dekontaminiert wird aber auch Material, welches bei der Demontage anfällt. Oftmals muss dieses noch weiter zerlegt werden, damit es eine handhabbare Grösse hat für die Materialbehandlung. Je nachdem wie stark die Kontamination ist, kommt das Material in die Nassstrahlanlage oder wird mit Stahlkügelchen bestrahlt. Manches Material wird mehrmals und mit verschiedenen Methoden behandelt. Dennoch gibt es Material, welches so stark kontaminiert ist, dass es nicht gereinigt werden kann. Diese Komponenten müssen als radioaktiver Abfall so aufbereitet werden, dass sie «tiefenlagerfähig» sind, also der dereinst in ein geologisches Tiefenlager abtransportiert werden können. Wie alle radioaktiven Abfälle gelangen sie vorerst ins zentrale Zwischenlager nach Würenlingen. In der Anlage fällt derzeit jeden Tag ungefähr der Inhalt eines 200-Liter-Fasses an radioaktivem Abfall an.
Flexibilität ist gefragt
Die Materialbehandlung ist beim Rückbau ein wichtiges Glied in der Kette. Zusammen mit seinen Mitarbeitenden hat Denis Ablondi Standardabläufe für verschiedene Materialtypen definiert, wie sie von der Demontage über die Materialbehandlung zur Freimessung gelangen. Bei Letzterer wird sichergestellt, dass an Komponenten, welche wiederverwertet werden können, keine Radioaktivität mehr vorhanden ist. «Die Abläufe sind die Grundlage. Was es aber braucht, ist viel Flexibilität», sagt Denis Ablondi. So unterstützen beispielsweise Mitarbeitende aus seinem Team die Kolleginnen und Kollegen der Demontage, wenn dort beim Abbau von Systemen und Anlageteilen viel Arbeit anfällt.
Oftmals muss man sich in einem Grossprojekt, wie es der erste Rückbau eines Schweizer Leistungsreaktors ist, an veränderte Rahmenbedingungen anpassen. Denis Ablondi hat dazu einen klaren Grundsatz: «Geht nicht gibt’s nicht». Entsprechend legt er den Fokus auf Lösungen und nicht auf Probleme. Wichtig ist Denis Ablondi ein ganzheitlicher Ansatz: «Letztlich geht es um das grosse Ganze, das Ziel, das wir alle gemeinsam erreichen wollen», sagt er. Auf dem Weg zum Ziel betreten Denis Ablondi und seine Kolleginnen und Kollegen immer wieder Neuland. «Wir machen jetzt Dinge, die wir bisher noch nie gemacht haben.» Das gefällt ihm. Er sammelt gerne neue Erfahrungen und lernt dazu.
Im KKM hat Denis Ablondi 2008, damals 21-jährig, angefangen. Er erinnert sich daran, als ob es gestern gewesen wäre. Gestartet ist er mit einem befristeten Vertrag für die Einführung eines Dokumentmanagementsystems. Doch nach der Einführung des Systems mussten die Mitarbeitenden für den Umgang damit geschult werden. Denis Ablondi erhielt eine Festanstellung und arbeitete bis 2012 in der werkseigenen ICT des KKM. Dann wechselte der gelernte Betriebswirtschafter zur operativen Abfallbehandlung. Dafür bildete er sich im Bereich Strahlenschutz weiter. Später übernahm er mit der Dekontamination einen Teilbereich der Materialbehandlung, seit Ende 2018 ist Denis Ablondi für das ganze Team sowie die Gesamtprojektleitung in diesem Bereich zuständig.
Erwünschte und unerwünschte Herausforderungen
Der Arbeitsalltag von Denis Ablondi ist sehr abwechslungsreich – und das gefällt ihm. Selbst hinter der Maske erkennt man das frohe Lachen auf seinem Gesicht, wenn er sagt: «Es ist sehr spannend.» Er mag die vielen unterschiedlichen Herausforderungen. Auf eine hätte er aber gut und gerne verzichtet: Die Corona-Pandemie. Im Februar 2020 konnte er das letzte Mal sein ganzes Team von Angesicht zu Angesicht informieren. Seither war dies wegen der Auflagen und der Vorsichtsmassnahmen nicht mehr möglich. Dadurch ist der Infofluss schwieriger geworden. Denis Ablondi hat auch diese Herausforderung angenommen und informiert seine Mitarbeitenden vermehrt im direkten Austausch – beispielsweise bei Rundgängen in der kontrollierten Zone.
Mehr Menschen hinter der Stilllegung
- Adrian Schwab – vom Assistenten zum Chef-Logistiker
- Denis Ablondi – «Geht nicht gibt’s nicht»
- Frank Holzgrewe – der Mann für das Innerste des Reaktors
- Stephan Navert – ein Mann, der Mitarbeitende und Umwelt vor Radioaktivität schützt
- Markus Rufer – einer, der den Überblick behält
- Alexandra Reiche – eine Frau mit Kraftwerken im Blut
- Urs Amherd – einer, der nach vorne schaut
- Martin Saxer – der Captain einer Mannschaft im Wandel
- Silvan Maeder – ein gut vernetzter Zahlenmensch
- Andres Izquierdo – Fasziniert von der Kernenergie
- Joachim Dux – ein Mann für grosse Projekte
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